Ja, es scheint so als gäbe es bei der Union eine neue Zeitrechnung - Jahr 1 nach der verlorenen Bundestagswahl.
Gesellschaft lebt von und durch Innovation. Demokratischen Wahlen sind deren Antriebsmotor. Und bei jeder Wahl beantwortet der Wähler ganz einfach die Frage: welche politische Kraft soll in der nächsten Legislaturperiode regieren.
Die Abwahl einer Partei ist die konsequenteste Form einer Wählerreaktion. Aber in dieser robusten Wähleraktion steckt auch immer der Hinweis, wenn ihr besser geworden seid, versuchen wir’s wieder miteinander. Und um es klar zu sagen, da geht es auch nicht immer fair zu. Wählermeinungen unterliegen einem Mainstream, welcher Wahlkreisabgeordnete unberechtigt treffen kann. Denn gerade unsere sächsischen Kandidatinnen und Kandidaten zeichneten sich durch heimatverbundenes Engagement aus. Und es schmerzt natürlich, wenn dieses Engagement vom Wähler nicht honoriert wird. Dankbarkeit ist keine politische Kategorie, dies pflegte Prof. Biedenkopf immer zu sagen. Das Besondere an dieser Wahl war deren Personifizierung für das Kanzleramt in der entscheidenden Endphase. Parteiprogramme wurden in den Hintergrund gedrängt. Die Spitzenkandidaten wurde immer wahlentscheidender. Für die Union normalerweise eine Kernkompetenz. Nur diesmal nicht. Wir hatten einfach den falschen Kandidaten. Bei deren Festlegungen haben unsere Parteigremien glänzend versagt. Noch nie lag unser Bundesvorstand so weit neben dem Basiswillen. Und gerade deshalb ist eine Mitgliederbefragung für die Wahl des nächsten Vorsitzenden die angemessene Reaktion. Für mich die erste innerparteiliche, vertrauensbildende Maßnahme nach der verlorenen Wahl.
Die meistgestellte Frage an mich ist „Sag mir bitte, wofür steht die CDU eigentlich oder wofür steht sie nicht?“. 16 Jahre regierungstragend bedeutet auch, wir sind im Ungefähren verschwunden. Wir sind im Gedränge der politischen Mitte nicht mehr erkennbar. Oder wie Merz es in seiner bekannten, deutlich schrofferen, Art zu sagen pflegte „Die Union ist denkfaul geworden“. Und er hat Recht.